21.09.2012 | Der Besuch einer Briefmarkenauktion hat einen Erlebnischarakter, den das ganze Zahlenspiel und damit die eigentliche Hauptsache einer Versteigerung nicht aufwiegen kann. Wer live dabei ist, kann die vor Freude strahlenden Augen gleich neben den enttäuschten sehen, oder das Freudentänzchen, das aufgeführt wird, nachdem stundenlanges War­ten auf den Zuschlag endlich den Erfolg brachte. Oder wenn ein Los erst liegen zu bleiben scheint und zunächst nur ein gelangweiltes Un­ter­gebot abgegeben wird, um letztendlich einen Rekordpreis zu erzielen. Solche Szenen konnte man auch auf der 11. Schlegel-Auktion Ende Au­gust immer wieder beobachten.

Vermutlich waren auch deshalb wieder Kommissionäre, Händler und Sammler so zahlreich erschienen. Nach einer nicht nur klimatisch sehr heißen Phase der Besichtigung wurde es am 27. Au­gust ernst. Alles Rechnen und Kopf­zer­brechen fand ein Ende, denn ab jetzt war nur noch das Höchstgebot und Elisabeth Schlegels Hämmerchen von entscheidender Bedeutung. Natürlich wissen die erfahrenen „alten Hasen“ im Auktionsgeschäft, wie mitunter auch vorsichtiges Taktieren mit krönendem Erfolg beschieden werden kann, aber gegen einen seelenlosen Telefonhörer hat auch der unschuldigst dreinblickende Mitbieter keine Chance. Einige der teils sehr beachtlichen Ergebnisse (alle ohne Mehrwertsteuer) seien beispielhaft genannt: Das Los 8649 (Wander­stempel Otavifontein DSWA) stieg von 2.500 auf 4.350 Euro, die Nummer 9795 (sensationeller, portogerechter Brief mit zweimal Berlin MiNr. 40) fand beim Startpreis von 2.500 Euro letztendlich erst für 5.200 Euro einen Käufer, und ein Brief mit Semst­wo-Ausgaben (Los­nummer 5283) klet­terte von einem sehr moderaten Ausruf von 230 Euro gar auf 4.350 Euro. Verschiedene Saal­bie­ter konnten sich über Lose freuen, die sie gleich mitnehmen konnten. Hier sind besonders die Lose 945 (Frz. Kolonien) und 1250 (USA-Sammlung) mit einem Ausruf von 3.500 bzw. 3.000 Eu­ro hervorzuheben, die letztendlich erst bei 14 100 bzw. 7.600 Euro zugeschlagen wurden. Eine wirklich bezaubernde, postfrische linke obere Bogenecke der 80 Pf Bund-Posthorn mit Platten­nummer 4 war dem Höchstbieter 3.650 Euro wert und bestätigte einmal mehr, dass hervorragende Qualität durchaus erstaunliche Preise hervorrufen kann. Auch die Handstempelaufdruckmarken erfreuten sich großer Resonanz. Ein Auf­druck von „Muskau a“ in postfrischer Erhaltung auf 25 Pf Ziffer erzielte stolze 7.700 (2.000) Euro.

Der unzweifelhafte Höhepunkt der drei tollen Tage war aber am Mittwoch er­reicht. Gegen 14 Uhr hatte man den Eindruck, dass selbst die Vögelchen in den Bäumen des Berliner Kudamms ihren Gesang kurz unterbrachen (oder vielleicht hörte man sie nur nicht mehr, weil alles andere so spannend war): Die linke untere Bogenecke der Audrey-Hep­burn-Marke stand zum Verkauf. Klar, dass niemand hustete, sich bewegte oder unbewusst am Ohr kratzte, denn keiner wollte aus Versehen Höchst­bie­ter werden. So hätte man eine Steck­na­del fallen hören können, wenn da nicht doch Kommunikation zwischen den Par­teien im Saal und am Telefon gewesen wäre. Elisabeth Schlegel wachte auf­merksam über die erhobenen Zeigefin­ger, bis der Hammer bei sage und schrei­be 73.000 Euro endgültig fiel! Nach kur­zem Schweigen brandete Applaus auf für das tolle Ergebnis und den glücklichen Höchstbieter.

Im einem Spezialkatalog mit Handbuchcharakter wurde anschließend ei­ne Jugoslawien-Sammlung offeriert, für die die Kundschaft weit angereist war. Seltenste und begehrenswerte Stücke fanden daher genauso ihre Abnehmer, wie auch der normale Sammler nun endlich ihm fehlende Stücke ergattern konnte. Von den vielen bemerkenswerten Ergebnissen sollen zwei aufgeführt werden: Die Lose mit den Nummern 15295 (Druckprobe Friedensengel) und 15848 (Essays zur zweiten Dauerserie) erreichten 600 (150) Euro und 1.500 (350) Eu­ro.